1. ARBERLAND Ultra Trail

„Wie kommt man eigentlich auf die Idee 60 km oder weiter am Stück zu laufen?“ Das auch noch über mehrere tausend Höhenmeter in teils unwegsamen Gelände. „Und kosten tut das auch noch was?!“
Mit diesen und ähnlichen Fragen wird man immer wieder konfrontiert und bis vor kurzem war es für mich selbst unvorstellbar, solche Distanzen an einem Stück zu überwinden.

Auch „Später könnts mal alle nimma gehen.“, „Des is ned gsund.“, „Ihr spinnts doch.“ usw. hört man mindesten genauso oft.

Warum man sowas macht weiß man spätestens sobald man einmal selbst dabei war! Und bei mir war das am 24.09.2016 der Fall. Und was soll ich sagen! Ich hätte mir dafür weder eine bessere Veranstaltung, noch einen besseren Zeitpunkt aussuchen können!

Simon wagte diesen Schritt ja heuer schon beim Chiemgauer 100. Doch dieser Herausforderung sah ich mich nicht gewachsen. Ich wollte für meinen ersten langen Lauf unter Wettkampfbedingungen nicht gleich mit 100 km und 4500 hm starten.

So richtig danach gesucht was es sonst noch so an Veranstaltungen gibt, die nicht allzu weit weg sind, habe ich nicht wirklich. Die bekannten, wie z. B. der Zugspitz Ultra, haben mich auch nicht wirklich gereizt.
So war es wohl schon fast ein schicksalhaftes Ereignis, als wir als Helfer beim Alpen X 100 im Sommer dieses Jahres an unserer Verpflegungsstation auf den ARBERLAND Ultra Trail aufmerksam gemacht wurden.

Von wunderschönen Trails, rund um den Arber fast ohne Teer- und Forststraßen, wurde uns berichtet. Von einem mit Herzblut arbeitenden Orga-Team, das ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern besetzt ist. Und zu guter Letzt wurden wir dann auch noch mit einem ARBERLAND Ultra Trail-Stirnband gefügig gemacht.

Wie sollten wir da noch wiederstehen?! Einzig und allein ein Hochzeitstermin machte Simon einen Strich durch die Rechnung. So lag es nun an mir aufe und obe bei diesem Lauf rund um Bodenmais zu vertreten.
Ich muss zugeben dass ich bis auf den letzten Drücker mit meiner Anmeldung gewartet habe. Warum, das weiß ich eigentlich auch nicht so recht. Ich weiß nur, dass es die goldrichtige Entscheidung war mich letztendlich doch anzumelden.
So wurde kurzerhand noch eine Pension für 2 Nächte gesucht und schon war es Freitagnachmittag und das Abenteuer 1. Ultra konnte losgehen.

Anreise:
Ca. 18 Uhr sind wir (meine Freundin und ich) in Bodenmais. Die Pension liegt ganz in der Nähe des Pfarrzentrums. So können wir auch noch schnell einchecken, um uns dann ganz entspannt zur Startnummernausgabe bzw. Pasta-Party aufzumachen.
Das Pfarrzentrum ist gut frequentiert. Hier merken wir das erste Mal, dass wirklich jeder vom Orga-Team sehr bemüht ist und sich wahnsinnig auf dieses Ereignis freut. Die Organisation an der Startnummern- bzw. Essenausgabe einwandfrei. So brauchen wir weder lange um die Startunterlagen zu holen noch an unser Essen zu kommen.
Nudeln und Ofenkartoffel mit großem Salat und als Nachspeise Apfelstrudel! So kann ja fast nix mehr schiefgehen.
Nach dem kurzen Briefing geht es für uns dann auch schon zurück in die Pension, um noch die Pflichtausrüstung für den nächsten Tag zu packen und dann zeitig, etwas nervös in Anbetracht der kommenden Ereignisse, ins Bett zu gehen.

Renntag:
5:30 Uhr – der Wecker klingelt, jetzt wird es langsam ernst.
Am Startgelände ist bestimmt schon eine Menge los. Zwischen 5:00 und 6:00 Uhr werden noch Startnummern für die Läufer ausgegeben, die an diesem Tag erst nach Bodenmais anreisen. Ab 6:00 Uhr kann man sich dann bereits zur Startaufstellung begeben. So eilig haben wir es noch nicht. Um halb sieben treffen wir schließlich auch am Marktplatz ein. Es ist noch ziemlich dunkel und zudem ganz schön frisch. Es herrscht keine Hektik und alles läuft eigentlich ziemlich relaxt ab.

Am Start treffe ich dann Armin, den Sieger der 100 Meilen des Chiemgauer 100. Ein wahnsinnig sympathischer Typ, mit dem ich dann noch über dies und das philosophiere. So vergeht die Zeit bis zur Rucksackkontrolle wie im Flug und da wir recht weit hinten in der Schlange stehen haben wir jetzt nur noch wenige Minuten bis zum Startschuss. Punkt 7:00 Uhr, mit den ersten Sonnenstrahlen, geht es los auf die 60 km Strecke.

Jetzt legt sich auch die restliche Aufregung und es überwiegt nur noch die Freude mit vielen gleichgesinnten einfach einen schönen, wenn auch anstrengenden Tag, erleben zu dürfen.
Die ersten km der Strecke sind schön flach, was auch gut ist, um erst einmal warm zu werden und sein Tempo zu finden. Bis es dann in Richtung Silberberg, dem Bodenmaiser Hausberg, zum ersten Mal etwas steiler wird. Doch alles fühlt sich gut an, was mich dazu verleitet das Tempo hoch zu halten.
Tags zuvor habe ich mir noch selbst einen Streckenplan, mit zu laufenden Kilometern und Höhenmetern von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation aus dem Höhenprofil, gebastelt. Daraus resultierend habe ich mir auch einen gewissen Zeitplan generiert, vor allem damit meine Freundin einen ungefähren Anhaltspunkt hat, wann ich wo aufschlagen werde. Dieser Plan erweist sich im Laufe des Rennens als sehr wertvoll und meine angepeilten Zeiten stimmen im Großen und Ganzen.

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Erstes Highlight ist eine komplette Kapelle die eigens für die Läufer, kurz nach dem Besucherbergwerk am Silberberg, musiziert. Über roten Sand geht es zwischen und unter Felsen hindurch auf den Hausberg der Bodenmaiser.
Die erste Verpflegungsstation wartet an der Kuh Alm bei km 9 auf uns. Hier gibt es Wasser und Iso. Bei kaiserlichem Wetter geht es nach kurzer Erfrischung über den Kronberg bis zur ersten richtigen Verpflegungsstation, dem nächsten Highlight, kurz vor der Harlachberger Spitze. Hier gibt es alles was das Herz begehrt. Bananen, Energieriegel/-gels, Melone, Walnüsse, Riegel der Dorfbäckerei Bodenmais und so weiter und so fort. Liebevoll von total freundlichen und begeisterten Helfern hergerichtet. Leider bekomme ich bei solchen Belastungen immer nur das nötigste hinunter, weshalb ich immer relativ wenig Pausen mache, mich mit einem Gel neu bestücke und dann weiter auf den Weg mache.

So kämpfe ich mich weiter zur nächsten Station bei Joska, wo die nächste Motivationsspritze auf mich wartet. Etwas überrascht, dass ich jetzt schon auftauche empfängt mich meine Freundin freudestrahlend. Ich liege sehr gut in der Zeit, vielleicht etwas zu gut :-).

Hier wechsle ich auf härtere Schuhe, weil mir die La Sportiva etwas zu schwammig waren.
Kurz nach der Verpflegungsstation merke ich, dass es in meinen Waden leicht zu ziehen anfängt. Etwas früh, bei noch nicht mal 30 gelaufenen Kilometern. Ich mache mir Gedanken, ob das wohl gut gehen kann! Schließlich kommt jetzt der härteste Abschnitt mit den meisten Höhenmetern in Richtung Kleinen und Großen Arber.
Das heißt jetzt leider erstmal etwas Tempo rausnehmen. Mal mehr Mal weniger spüre ich immer wieder ein Ziehen in den Waden. Doch bei etwas gemäßigterem Tempo erreiche ich, immer noch gut in der Zeit liegend, die nächste Wasserstation Hüttelschachten bei km 31.
Die nächste Verpflegungsstation wartet jetzt erst wieder am Großen Arber. Das heißt ca. 6 km und 389 weitere hm. So direkt mein Tempo läuft durchgehend eigentlich niemand. So wechseln sich Streckenabschnitte in denen ich mehr oder weniger alleine unterwegs bin und Streckenabschnitte mit wechselnden Leidgenossen ab. Wobei ich mit 3 Läufern immer wieder in Kontakt komme, was teils zu sehr netten Gesprächen führt und auch von den jetzt doch vorhandenen Schmerzen ablenkt!

Um 10:00 Uhr startete der Auerhahntrail (35km). Die schnellen Läufer dieser kürzeren Variante überholen jetzt nach und nach die ARBERLAND Ultra Läufer, was jedoch keine Probleme darstellt.

Zum Großen Arber geht es nun über unzählige Stufen bei einer beachtlichen Steigung.
Endlich oben angekommen entschädigt ein grandioser Ausblick in alle Himmelsrichtungen. Zur Regeneration lege ich die nächsten Meter noch gehend zurück, um dann langsam wieder ins Laufen überzugehen.
Jede Menge Zuschauer applaudieren jedem, der heute laufend, den „König des Bayerischen Waldes“, bezwungen hat.
Etwas weiter unten an der Bergstation wird man herzlich von den Helfern an der VP3, bei km 37, empfangen. Ich massiere wieder meine Waden und versuche mit gesalzenen Gurken meine verlorenen Mineralstoffe wieder aufzufüllen. Da am Großen Arbersee wieder meine Freundin auf mich wartet mache ich mich zügig wieder auf den Weg. Davor steht mir jedoch noch ein 3 km langer, technisch schwieriger Downhill bevor.
Nach ca. 5 Std. komme ich bei km 40 am Arbersee an. Mit aufmunternden Worten meiner Freundin und den abschließenden Satz „Wir sehen uns dann im Ziel!“ begebe ich mich, neu motiviert, auf das letzte Drittel meines ersten Ultras.

Ab jetzt geht es nochmal 4 km und das über ca. 300 hm bergauf. Langsam merke ich auch schon ab und zu ein kleines Zwicken im Oberschenkel. Wobei ich mir jetzt sicher bin, ein DNF wird das heute zum Glück nicht!
Der Weg führt jetzt nochmal bis auf 1340 m zum Mittagsplatzl. Vor dem letzten Anstieg zum Mittagsplatzl kann man sich an der VP4 bei km 44 nochmals stärken. Diese VP passiert man dann am Rückweg von der Schleife bei km 48 nochmals.
Ab jetzt sind es noch ca. 10 km bis ins Ziel, die bis auf einen kurzen Anstieg nur noch bergab zu bewältigen sind. Meinem symphytischen Wegbegleiter (Christian) der letzten km kann ich bergab nicht folgen. Er legt nochmal ein Wahnsinnstempo hin. Ich trau mich einfach nicht mehr schneller, weil es bei einem erschöpfungsbedingten Stolperer ganz gewaltig im linken Oberschenkel gezogen hat und mir so das Risiko einfach zu hoch war, jetzt noch einen richtigen Krampf zu bekommen. So lege ich die letzten Kilometer bergab bei einem km Schnitt von ca. 5:30 zurück. Die ersten Häuser von Bodenmais sind jetzt zu sehen und die Freude über den in Kürze bevorstehenden Zieleinlauf wird immer größer.

Die letzten Meter feuern die begeisterten Zuschauer nochmal jeden an, der heute diese Wahnsinnsleistung vollbracht hat.
Nach 7:26:54 und ca. 2500 hm ist es soweit und ich überquere die Ziellinie im Herzen von Bodenmais, wo ich von Ewald Bachl, der sich bei jedem Finisher wahnsinnig mitgefreut hat, mit der Finisher-Medaille empfangen werde!

Auch meine Freundin ist erleichtert, dass ich gesund und ohne Stürze im Ziel angekommen bin. Ein tolles Gefühl, das sich so eigentlich nicht in Worte fassen lässt.

Vielen Dank an meinen Schatz, dass sie mich auch bei so verrückten Unternehmungen unterstützt. Ohne sie als Begleitung und Betreuung hätte ich wohl nicht am
1. ARBERLAND Ultra Trail teilgenommen. Ein absolut tolles Erlebnis.
Vielen Dank auch an alle Helfer, die heute und schon in der Vorbereitung so tolle Arbeit geleistet haben!

Über den Streckenverlauf, auf das Höhenprofil usw. will ich hier in meinem Bericht gar nicht so genau eingehen. Diese und viele weitere interessante Informationen, GPS-Tracks etc. findet ihr super aufbereitet auf der offiziellen Webseite des ARBERLAND Ultra Trails.

Hier findet ihr meinen selbstgelaufenen GPS-Track des ARBERLANDTRAILS (60km Strecke).

Weitere Links:

Fazit: Das war wohl nicht mein letzter Ultra 🙂


3 Gedanken zu “1. ARBERLAND Ultra Trail

  1. Schaut nach einer echt coolen Veranstaltung aus.
    Das die Ecke Potential hat, habe ich beim UTLW schon gesehen und vom Aberland Ultra Trail habe ich bis jetzt auch nur Positives gehört. Ich hoffe es gibt eine zweite Auflage…auf meiner Liste für 2017 wäre noch Platz! 😉

    Glückwunsch zum Finish und der super Zeit

    Viele Grüße

    Steve

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    1. Hi Steve,

      vielen vielen Dank!
      Ich fand wirklich alles rund um gelungen!

      Da der UTLW ja erst wieder 2018 stattfindet wäre der ARBERLAND Ultra ja genau die richtige Ergänzung für deinen Laufkalender 🙂
      Angekündigt haben sie ihn, bei der Siegerehrung, bereits wieder für 2017. Das Datum haben sie auch bekannt gegeben. Ich glaube es ist der 23.09.2017 (ohne Gewähr).

      Viele Grüße
      Markus

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